Beschäftigt man sich mit der Frage, wie man aus den Mitarbeitern einer Abteilung oder eines Unternehmens ein Team formen kann, und sieht sich nach Angeboten um, die diesen Prozess unterstützen, findet man zahlreiche Angebote für Trainings oder Incentives verschiedenster Art. Diverse Institute bieten Konzepte an, mittels derer die Leistungsfähigkeit durch eine Verbesserung der Zusammenarbeit, der Kommunikation sowie des Umgangs mit Konflikten u.v.m. gesteigert werden soll. Hierbei geht es weniger um die Entwicklung individueller Fähigkeiten oder Kompetenzen, sondern vielmehr um das Erarbeiten gemeinsamer Vorstellungen darüber, wie kooperative Arbeitsabläufe erfolgversprechend(er) gestaltet werden können.
Die Kreativität (oder besser: der Geschäftssinn) der Veranstalter scheint hierbei nahezu grenzenlos zu sein. In Hamburg kann man bspw. gemeinsam einen Zug im Miniatur Wunderland bauen, eine Schnitzeljagd durch die Hafencity buchen oder sich (in der Vorweihnachtszeit) mit den Kollegen und Kolleginnen bei einem Becher Glühwein verlustieren – selbstverständlich mit fachkundiger Begleitung. Es darf wohl davon ausgegangen werden, dass diese Angebote meist „zielführend“ mit systemischen Fragen zur Reflexion des Verständnisses von Rollen und Funktionen im Team abgerundet werden.
Zur Untermauerung der Sinnhaftigkeit solcher Aktivitäten oder entsprechender Trainings werden in der Regel zahlreiche wissenschaftliche Erklärungsmodelle und Theorien herangezogen: Das Rollenrad von Meredith Belbin, das Phasenmodell von Bruce Tuckman (Forming, Storming, Norming, Performing, Adjourning) oder das Innere Team und seine Anwendung im Riemann-Thomann-Kreuz sind typische Beispiele. Auch auf die Einbindung von Kenntnissen über die fünf Hauptformen der Teamintervention nach Michael A. West oder Gedanken zum prototypischen Ablauf nach Dave Francis und Don Young wird in diesem Zusammenhang nicht ungern hingewiesen. Um ein solches Fachwissen gezielt nutzbar machen zu können, sollte man selbstverständlich jemanden beauftragen, der studiert oder zumindest eine professionelle Trainer- oder Coaching-Ausbildung absolviert hat.
Dass derlei Maßnahmen positive Auswirkungen auf die Zufriedenheit und die Zusammenarbeit der Mitarbeiter haben können, sei unbestritten. Eigentlich aber geht es doch lediglich um die Frage, wie aus einer Gruppe ein funktionierendes Team werden kann? Doch was sind die wesentlichen Merkmale eines solchen Teams? Prof. Dr. Tobias Brocher benennt in seinem Werk „Gruppenberatung und Gruppendynamik“ (erschienen beim Springer Verlag, Edition Rosenberger) fünf Charakteristika:
- Erfolgreiche Teams haben herausfordernde Ziele formuliert und vereinbart. Jedes Teammitglied fühlt sich den vereinbarten Ergebniserwartungen verpflichtet und setzt alles daran, diese in der täglichen Arbeit qualitativ und quantitativ zu erreichen.
- Sie haben eine Struktur akzeptiert, in der jedes Teammitglied an seinem Platz jene Aufgaben erfüllt, die zur Zielerreichung führen.
- Sie haben einen von allen Teammitgliedern akzeptierten Normen- und Wertekatalog erarbeitet, der von allen Teammitgliedern akzeptiert ist und gelebt wird. Teamarbeit hat infolgedessen hat auch einen emotionalen Bezug, der bspw. mit Begriffen wie Teamgeist oder Teamwork bezeichnet wird.
- Sie haben sich auf Spielregeln der Zusammenarbeit geeinigt, die darüber Auskunft geben, wie das vereinbarte Ziel erreicht werden soll und welche Verhaltensweisen innerhalb des Teams erwünscht sind. Jedes Teammitglied kennt die Konsequenzen, die folgen, wenn vereinbarte Spielregeln nicht eingehalten werden.
- Sie zeichnen sich durch die (nach außen und innen gelebte) individuelle Identifikation mit dem Team aus.
Im Mannschaftssport ist all das ganz selbstverständlich. Auch Team-Trainings sind hier seit jeher üblich. Der Erfolg (oder Misserfolg) von Fußballvereinen ist bspw. nicht allein abhängig von den individuellen Fähigkeiten der einzelnen Spieler, sondern im weitaus höheren Maße davon, wie gut sie als Team zusammen auf dem Platz agieren. Jeder Trainer weiß das, aber eigentlich auch schon jedes Kind. Wie wichtig es für die Entwicklung sozialer Kompetenzen ist, in einem Sportverein zu sein, wird den meisten ja bereits in der Schule erzählt. Durch implizites Lernen lassen sich die Fertigkeiten im Umgang mit anderen dort auf spielerische Weise erweitern. Eine Möglichkeit, diese Effekte mit Leichtigkeit auch in die Arbeitswelt zu transportieren, ist wohl der Betriebssport. Ein entsprechendes Angebot kann zudem dazu beitragen, dass Arbeitsteams stärker zusammenwachsen und jene wünschenswerte Form der Kooperation entsteht, die sich mit gelegentlichen Incentives oder „Teambuilding-Trainings“ sicher nicht ohne Weiteres erreichen lässt.