„Motivation – der entscheidende Faktor in der betrieblichen Gesundheitsförderung“ von Uwe Boving

Wie lassen sich Mitarbeiter nachhaltig motivieren, das Ziel, gesünder zu leben, aktiv zu verfolgen? Was unterstützt sie bei ihrem Kampf gegen den “inneren Schweinehund”? Wie kann man entsprechende Angebote der betrieblichen Gesundheitsförderung so attraktiv gestalten, dass sie auch genutzt werden?

Die Ausgangslage

Ein Unternehmen stellt fest, die Fehlzeitquote ist zu hoch. Also wird beschlossen, „hier müssen wir etwas tun“. Es werden Mitarbeiter bestimmt, die Vorschläge erarbeiten sollen. Diese überlegen sich dann – oft natürlich auch im Sinne eigener Präferenzen – Gesundheitsangebote für die Mitarbeiter. Externe Dienstleister werden engagiert. Doch die Resonanz ist dann oft kümmerlich. Es wird einige Male probiert und dann wird das Projekt Gesundheit kleinlaut eingestellt.

Die Problematik

Die Ergebnisse einer eigenen Studie zum Thema Gesundheitsverhalten und Einstellungen zur Gesundheit zeigen, dass die regelmäßige Durchführung von gesundheitsförderlichen Aktivitäten sehr gering ausgeprägt ist. Im Bereich Bewegung in den unterschiedlichen Formen geben im Schnitt 70% bis 85% an, dass sie diese nie ausführen. Und im Bereich Entspannungsverfahren sieht es ähnlich aus. Die Anzahl derjenigen, die diese Aktivitäten regelmäßig durchführen, liegt unter 10 Prozent.

Auf die Aussage zum Thema Gesundheitsverhalten und -bewusstsein, „nehme ich Angebote zur Gesundheitsförderung wahr“ werden, antworten 27 Prozent mit „gar nicht zutreffend“ und 23 Prozent mit „wenig zutreffend“. Nur 8 Prozent geben hier „voll zutreffend“ an.

Geht man nun davon aus, dass die Ausgangslage in der Belegschaft von Firmen ähnlich ist. Und dass zusätzlich Gesundheit oft als Privatsache betrachtet wird. Und dass die Gesundheitsmaßnahmen noch in der Pause stattfinden. So ist es aus meiner Sicht nicht allzu gewagt davon auszugehen, dass über 80% einer Belegschaft für diese Angebote überhaupt nicht offen sind. Gemäß dem transtheoretischen Modell der Verhaltensänderung in der Phase Absichtslosigkeit verharren. Um an den Angeboten teilzunehmen, sollten die Mitarbeiter aber handlungsbereit sein. Und dies wird in der Regel nur ein sehr kleiner Teil der Mitarbeiterschaft sein. Und ein Teil davon sind sicherlich solche, die in ihrer Freizeit bereits Gesundheitsangebote wahrnehmen.

Vor diesem Hintergrund ist es verständlich und logisch, dass eine rein angebotsfokussierte betriebliche Gesundheitsförderung in der Tat mit der Problematik einer geringen Beteiligung zu kämpfen haben wird. Mit dieser rein angebotsfokussierten Strategie zielt man wie dargelegt vornehmlich auf die Mitarbeiter, die bereits ein gewisses Maß an Gesundheitsbewusstsein besitzen und oft auch schon außerhalb des Unternehmens ein gewisses gesundheitsförderliches Verhalten zeigen.

Doch wäre es nicht viel nützlicher, die Aufmerksamkeit auch und vor allem auf die geschätzt 70 bis 80 Prozent zu lenken, die weniger gesundheitsbewusst sind und viele gesundheitsschädliche Verhaltensweisen offenbaren? Ich denke schon. Mit der rein angebotsfokussierten Strategie wird das nicht funktionieren.

Lösungen

Gesundheitsangebote für die Handlungsbereiten. Motivationsförderung für alle. Die motivierende Gesprächsführung stellt für alle Phasen der motivationalen Ausgangssituation Techniken bereit, um vor allem die intrinsische Motivation zu befördern. Entsprechend adaptiert, können diese aus meiner Sicht auch im betrieblichen Kontext nützlich sein. In Form von Gesundheitskommunikation als Teil eines nachhaltigen und langfristig angelegten und geplanten Gesundheitsmarketings.

In dem Artikel Wie lässt sich Bewegung in ein Unternehmen bringen? werden Ratschläge und Belehrung als wenig hilfreich dargestellt. Das sehe ich auch so. Ich halte allerdings das vorsichtige Erzeugen und Bewusstmachen von kognitiver Dissonanz für durchaus geeignet, intrinsische Motivation zu befördern. Auch extrinsische Anreize können hilfreich sein. In dem oben genannten Artikel werden verschiedene Beispiele für solche extrinsische Motivationsförderung vorgestellt.

Wie wir wissen, ist die intrinsische Motivation immer nachhaltiger. Die extrinsische ist dauerhaft auf die extrinsischen Anreize angewiesen. Um möglichst viel Schub und Initialzündungen zu generieren erscheint es sinnvoll, zu Beginn im Prozesses des betrieblichen Gesundheitsmanagements solche Gesundheitsangebote anzubieten, welche die höchsten Beteiligungsquoten versprechen. Wie findet man diese? Ganz einfach. Indem man die Mitarbeiter fragt. Ich habe mit dem BGM-Monitor eine entsprechende Online-Befragung entwickelt. Der BGM-Monitor erforscht neben den Interessen und der Bereitschaft für betriebliche Gesundheitsangebote auch aktuelles Gesundheitsverhalten und persönliche Einstellungen zu Gesundheitsthemen. So kann er für die Unternehmen und auch für eventuell eingeschaltete Dienstleister ein differenziertes Bild über die Basis, auf der das betriebliche Gesundheitsmanagement gestaltet wird, liefern.

Die positiven Effekte auf die Mitarbeiter durch die Durchführung einer solchen systematischen Befragung halte ich für noch bedeutender. Entsprechend kommunikativ begleitet und unterfüttert, wird den Mitarbeitern das Gefühl vermittelt, dass sie gehört werden. Ihnen wird eine Stimme gegeben. Das BGM wird zu IHREM BGM. Und nicht zu einer Veranstaltung, die sich ein elitärer Zirkel im Unternehmen ausgedacht hat. Und auch so wird Motivation zum Mitmachen befördert.

Und wie auch in dem Artikel Warum ist betriebliche Gesundheitsförderung so fragwürdig? postuliert, sehe ich die Führungskräfte ebenso als elementar wichtig im gesamten BGM an. Auch was die Motivationsförderung bei den Mitarbeitern angeht. Neben der zuhörenden Gesprächsführung – sozusagen mitarbeiterzentrierten Gesprächsführung – könnten auch Kenntnisse in motivierender Gesprächsführung sehr wertvoll sein. Bereits den Nachwuchs an Führungskräften in Kommunikation schulen? Die Psychologen sind wohl begeistert von der Idee. Inwieweit das allerdings bei den Nachwuchs-Betriebswirtschaftlern und Nachwuchs-Technikern auf positive Resonanz stößt, wäre noch zu überprüfen.

Der Diplom-Psychologe Uwe Boving ist Geschäftsführer der ComConsulting GmbH in Köln. Er beschäftigt sich mit der betrieblichen Gesundheitsförderung, der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen, und (auch als Ausbilder) mit dem Stressmanagement, Entspannungsverfahren sowie mit Kommunikationstrainings.

Kontakt: www.comconsultinggmbh.de sowie www.ausbildungen20.de.

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