Die ALMA Medien AG hat in ihrer Serie „Miss Moneypenny Dossier“ ein neues Buch bzw. eine Neuauflage des HRM-Dossiers Nr. 29 aus dem Jahr 2010 über das Thema „Mobbing“ herausgebracht, in dem Klaus Schiller-Stutz Grundlegendes bespricht. Nach einer kurzen Einführung, in dem das Motto des Buches „gemeinsam Verantwortung übernehmen und handlungsfähig bleiben“ benannt wird, stellt er Mobbing als Symptom einer ungesunden Betriebskultur heraus, woraufhin Erkenntnisse aus der Stress- und Mobbingforschung besprochen werden. Er führt z. B. aus dem „Bericht über Mobbing am Arbeitsplatz“ des Europäischen Parlaments von 2001 an, dass 8% der Beschäftigten in der EU sich in den vorausgegangenen zwölf Monaten gemobbt gefühlt haben, aber nur ca. 7% der Mobber versetzt wurden und ansonsten straflos ausgingen und sich in 36% der Fälle die Führungsspitze gegen die Opfer wendete. Immer wieder betont er, wie viel Geld ein einziger Fall einem Unternehmen schon kosten könne, ganz unabhängig von dem Leid, das die Betroffenen erfahren.
Interessant sind auch seine Erläuterungen zu den Ursachen. Immer wieder, so meint der Autor, werde entweder dem Opfer die Schuld an den Vorfällen gegeben, da dieses sich entweder falsch verhalten oder schlecht gewehrt habe, oder diese aber in der Persönlichkeit des Täters gesucht. Leider jedoch konnten diese Annahmen bislang noch durch keine wissenschaftliche Studie erwiesen werden. Mobbing scheint also vielmehr ein systemisches Problem zu sein und der Umgang damit kann als Prüfstein von Werthaltungen und Normen eines Unternehmens betrachtet werden.
Nun kann Mobbing durch verschiedene Faktoren begünstigt werden und unterschiedliche Verläufe annehmen. In der Regel geht ihm allerdings ein Konflikt voraus, woraufhin es dann typischerweise in den berühmten fünf Phasen verläuft: 1. Fehlende oder schlechte Konfliktbewältigung, 2. Mobbing etabliert sich, 3. Rechts- und Machtmissbrauch durch Über- und Fehlgriffe der Personalabteilung, 4. weitere Stigmatisierung durch ärztliche und/oder psychologische Behandlungsfehler, 5. Ausschluss (des Opfers) aus der Arbeitswelt.
Neben organisationalen Maßnahmen, wie z. B. das Infragestellen der fachlichen Kompetenzen oder das Erteilen sinnloser Aufgaben, können vor allem die soziale Isolation, Angriffe auf das Privatleben oder die Einstellungen einer Person, das Verbreiten von Gerüchten, die verbale Aggression oder sogar die Androhung und Ausübung körperlicher Gewalt und/oder sexueller Belästigung als Mobbinghandlungen bezeichnet werden.
Mobbing bleibt natürlich meist nicht ohne Folgen. Das gilt sowohl für die gemobbte Person, für das Unternehmen wie auch für die Volkswirtschaft. Auf jeden dieser Punkte geht der Autor ein, bevor er nach Lösungsmöglichkeiten schaut. Zunächst stellt er die Frage nach den gesetzlichen Grundlagen (vor allem in der Schweiz) und zeigt anschließend die Handlungsmöglichkeiten einer Führungskraft auf, nachdem er nochmals verdeutlicht, welche Konsequenzen Mobbing für sie haben bzw. anhand welcher Indikatoren es sichtbar werden kann. Dabei geht er auf Abklärungs- und Beratungsgespräche, edukative Maßnahmen und systemorientierte Klärungsgespräche bzw. das moderierte Round-Table-Gespräch ein. Weite Möglichkeiten sind die Supervision, die Mediation und (wenn alle Interventionen scheitern) das Outplacement.
Aber nicht nur die Führungskraft, auch das Unternehmen wird von ihm in die Verantwortung genommen: Betriebliches Gesundheitsmanagement, betriebliche Gesundheitsförderung, Gesundheitszirkel, das Anwesenheitsmanagement, und die institutionalisierte Förderung eines Problembewusstseins zu den Themen Stress, Mobbing und Gesundheitsförderung werden benannt und kurz erläutert. Weitere Möglichkeiten sind Betriebsvereinbarungen, die Installation eines Beschwerdesystems, interne Anlauf- und Beratungsstellen, Mitarbeiterbefragungen sowie präventive Maßnahmen für Führungskräfte, die in verschiedenen Themen geschult werden sollten. Letztendlich beschreibt er auch die Maßnahmen für die Mitarbeiter, Gruppen oder Teams in den Firmen und macht hierbei deutlich, wie wichtig ein unterstützender Beziehungsrahmen mit klarer und sinnvoller Aufgaben- und Rollenverteilung, transparentem Informationsfluss etc. ist.
Im Anhang des Buches finden sich ein Test für potenziell Betroffene, der die 45 Mobbinghandlungen nach Leymann aufgreift, ein Stimmungscheck für den Arbeitsplatz von Huber, ein Beratungsablauf bei Anfragen von Personen bzgl. des Umgangs mit psychosozialem Stress oder Mobbing, ein Leitfaden für Betriebe als Schaubild sowie ein ausführliches Literaturverzeichnis.
Kurzum: Eine fachlich saubere Zusammenfassung des Themas, in der es vor allem darum geht, die Beteiligten in die Verantwortung zu nehmen und sie handlungsfähig zu machen! Der Ratgeber umfasst nur knapp 60 Seiten und enthält viele aktuelle Links zu verschiedenen Portalen (überwiegend in der Schweiz), auf denen man zusätzliche Hilfestellungen für die praktische Arbeit findet.
Klaus Schiller-Stutz (2014). Mobbing und Arbeitsplatzkonflikte. Psychosozialen Stress erkennen – Konflikte konstruktiv lösen – Vorbeugen mit Betrieblicher Gesundheitsförderung. Miss Moneypenny Dossier. Zürich: ALMA Medien AG.