Ferdinand und der Eselhimmel

Auf einem kleinen Bauernhof lebte ein alter, kranker Esel namens Ferdinand. Sein Fell war stumpf und grau geworden, seine Knochen schmerzten und seine Augen waren trüb. Ferdinand hatte sein ganzes Leben lang hart gearbeitet und hatte nun das Gefühl, dass er am Ende seiner Tage angelangt war. Eines Morgens lag er in der Sonne und träumte vor sich hin. Er dachte an all die anderen Esel, die er im Laufe seines Lebens getroffen hatte, und fragte sich, wo sie jetzt waren. Es gab einen Ort, von dem Ferdinand schon oft gehört hatte – den Eselhimmel. Ein Ort, an dem alte Esel wie er endlich Ruhe finden und ohne Schmerzen frei laufen konnten. Ferdinand schloss die Augen und stellte sich vor, wie schön es wäre, im Eselhimmel zu sein. Er träumte von saftigem Gras, frischem Wasser und friedlicher Stille. Er träumte davon, fröhlich zu spielen wie ein junges Fohlen. Doch als Ferdinand die Augen öffnete, wurde ihm klar, dass es nur ein Traum war. Er lag immer noch auf dem harten Boden. Die Tage vergingen und Ferdinands Schmerzen wurden immer schlimmer. Er konnte kaum noch stehen oder laufen und war gezwungen, den größten Teil des Tages liegend zu verbringen. Doch in seinen Gedanken war er immer noch im Eselhimmel, wo er frei von Schmerzen und Sorgen sein würde.

Die Tage, an denen er nur so herumlag, schienen kein Ende zu nehmen. Seine Vergangenheit holte ihn ein. Und so erinnerte sich Ferdinand an die guten und schlechten Zeiten, die er erlebt hatte, und überlegte, was er anders gemacht hätte, wenn er noch einmal die Chance dazu hätte. Er dachte auch alle, die er verloren hatte, und an die, die noch bei ihm waren. Er erkannte, dass er in seinem Leben viel erreicht hatte und dass er stolz darauf sein konnte, wer er war. Doch es gab auch Dinge, die ihn belasteten und die er gerne anders gemacht hätte. Ferdinand beschloss, innerlich aufzuräumen, um seinen Frieden zu finden. Er verzieh allen, die ihn verletzt hatten, und bat auch um Vergebung für seine eigenen Fehler. Er wollte mit einem sauberen Gewissen und leichten Herzens in den Eselhimmel gehen.

Eines Tages, als Ferdinand auf der Wiese lag und seine Augen schloss, geschah plötzlich etwas Seltsames. Er spürte, wie etwas ihn sanft am Hals berührte und ihn zu einem dunklen, schattigen Ort zog. Es war ein seltsamer Ort, der sich anders anfühlte als der Eselhimmel, den er in seinen Träumen besucht hatte. Er öffnete seine Augen und sah, dass er in einer mysteriösen Umgebung war. Alles um ihn herum war schwarz und es gab keine Anzeichen von Leben. Es war ruhig, zu ruhig. Er sah, dass er sich in einem dunklen Tal befand, das von mächtigen Bergen umgeben war, die sich in den Himmel streckten. In der Ferne konnte er einen leuchtenden Stern sehen, der sich schnell auf ihn zu bewegte. Als der Stern näher kam, erkannte Ferdinand, dass es sich um einen anderen Esel handelte. Es war ein weißer Esel, genauso wie er selbst. Der Esel sagte kein Wort, aber Ferdinand konnte spüren, dass er ihm etwas mitteilen wollte. Der weiße Esel führte ihn zu einem nahe gelegenen See, der von einem schimmernden Licht erhellt wurde. Als Ferdinand in das Wasser schaute, sah er sein eigenes Spiegelbild. Doch etwas war anders. In seinem Spiegelbild war er nicht mehr alt und krank, sondern jung und vital. Ferdinand schaute wieder auf und sah den weißen Esel, der ihn mit einem warmen Lächeln ansah. Plötzlich spürte er, wie er vom See weggezogen wurde und zurück ins Dunkel gezogen wurde. Daraufhin verschwand der weiße Esel im Licht des Sterns. Als Ferdinand wieder aufwachte, lag er wieder auf der Wiese und die Sonne schien warm auf sein Fell. Was hatte das alles zu bedeuten? Er wusste es nicht. Aber von nun an war er sich sicher, dass es den Eselhimmel wirklich geben müsse. Etwas in ihm hatte sich verändert. Er wusste, dass er bald gehen würde und dass er sich auf das, was dann komme, freuen könne!

Am nächsten Tag fand man Ferdinand leblos auf der Wiese liegen. Diejenigen, die ihn dort fanden, sagten, es habe so ausgesehen, als ob er glücklich eingeschlafen sei und seinen Frieden gefunden habe.