Loslassen ist ein Anfang!

Es war ein sonniger Tag im späten Frühling, als Herr Schmidt beschloss, sich endlich seinen Kriegserinnerungen und seinem Groll auf seinen Vater zu stellen. Er war nun schon über neunzig Jahre alt. Sein Leben lang hatte er versucht, diese Erinnerungen zu verdrängen, aber irgendwie waren sie doch immer da, nagten an ihm und hielten ihn gefangen. Er machte sich auf den Weg zum nahe gelegenen Park, wo er sich auf eine Bank setzte und tief durchatmete. Er schloss die Augen und versuchte, sich zu erinnern. Es war lange her, seit er das letzte Mal bewusst an den Krieg gedacht hatte, aber jetzt kamen die Erinnerungen wie eine Flutwelle zurück. Er hörte die Schreie, sah das Blut und die Zerstörung, die er im Krieg erlebt hatte. Er erinnerte sich an die Freunde, die er verloren hatte, und an die Schuld, die er empfand, weil er überlebt hatte, während andere gestorben waren. Und dann kam der Groll auf seinen Vater, der ihn und seine Familie damals im Stich gelassen hat. Herr Schmidt öffnete seine Augen und blickte auf den Teich, der dem er saß. Die Sonne glitzerte auf dem Wasser und die Enten schwammen friedlich. Er atmete tief durch und beschloss, dass es nun endlich Zeit war, loszulassen.

Er stand auf und ging langsam nach Hause. Auf dem Weg dachte er darüber nach, wie er das mit dem Loslassen am Gescheitesten tun könne? Er beschloss, einen Brief an seinen Vater zu schreiben, in dem er all seine Gefühle und Gedanken ausdrücken würde. Er hoffte, dass es ihm dabei helfen würde, seine Gefühle zu verarbeiten und Frieden zu finden. Zu Hause angekommen, setzte er sich an seinen Schreibtisch und begann zu schreiben. Es war schwer und schmerzhaft, aber nach ein paar Stunden war der Brief fertig. Er las ihn noch einmal durch und er fühlte sich erleichtert! Endlich hatte er einmal alles zu Papier gebracht, was er seinem Vater sagen wollte. Er stand auf, ging mit dem Brief in den Garten, las ihn noch einmal laut vor, als würde er zu seinem Vater sprechen, und verbrannte ihn schließlich. “Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde”, dachte er und lächelte dabei sanftmütig.

Das psychologische Konzept des Loslassens bezieht sich auf die Fähigkeit, negative Gedanken, Gefühle oder Erinnerungen loszulassen, die uns daran hindern, in der Gegenwart und Zukunft glücklich und produktiv zu sein. Es ist ein wichtiger Aspekt der psychischen Gesundheit und der emotionalen Intelligenz. Etwas loszulassen, kann schwierig sein, wenn es mit Gefühlen wie Trauer, Wut oder Enttäuschung einhergeht. Es erfordert, dass man sich von Vergangenem trennt und sich auf die Gegenwart konzentriert. Geschehenes hinter sich zu lassen und sich gedanklich sowie emotional davon zu lösen, ist nicht immer einfach, manchmal ist es allerdings erforderlich, um positive Veränderungen zu ermöglichen. Und es kann auch dazu beitragen, Beziehungen zu verbessern, indem es einem erlaubt, alte Konflikte und Groll loszulassen.

Das Konzept des Loslassens hat seine Wurzeln in der Psychoanalyse, insbesondere in der Arbeit von Sigmund Freud und seinem Konzept des “Wiederholungszwangs”. Freud argumentierte, dass Menschen oft in ungesunden Verhaltensweisen verhaftet bleiben, weil sie unbewusst versuchen, vergangene Erfahrungen zu wiederholen oder zu vermeiden. Etwas loszulassen, kann eine sehr komplexer und schwieriger Prozess sein, der nicht selten tief verwurzelte Überzeugungen und Emotionen betrifft. Manchmal erfordert es deshalb eine intensive Selbstreflexion und Arbeit an der Bewältigung von traumatischen Erfahrungen.

Schritt 1: Was möchten Sie loslassen?

Um mit dem Loslassen zu beginnen, ist es wichtig, sich bewusst zu machen, was man eigentlich loslassen möchte. Das können beispielsweise Erinnerungen, Gedanken, Gefühle oder Verhaltensweisen sein, mit denen wir uns selbst einschränken oder belasten. Hier sind einige Fragen, die Ihnen helfen dabei können herauszufinden, was Sie vielleicht besser loslassen sollten:

  • Welche Themen, Konflikte, Gedanken oder Erinnerungen belasten Sie?
  • Was belastet Sie am meisten?
  • Welche Gefühle bereiten Ihnen häufig Unbehagen?
  • Welche negativen Gedanken haben Sie häufig?
  • Welche Erfahrungen aus der Vergangenheit belasten Sie noch heute?
  • Mit welchen Ihrer Verhaltensweisen schaden Sie sich selbst oder behindern Sie sich am Erreichen Ihrer Ziele?
  • Welche Ihrer Beziehungen sind belastend oder tun Ihnen nicht gut?

Nehmen Sie sich genügend Zeit, um diese Fragen zu beantworten. Wenn Sie Schwierigkeiten haben, eine Antwort zu finden, fragen Sie sich, welche Dinge in Ihrem Leben Ihnen Unbehagen bereiten oder Sie belasten. Versuchen Sie, dabei so spezifisch wie möglich zu sein.

Schritt 2: Beobachten Sie Ihre Gedanken!

Achtsamkeit kann Ihnen helfen, Ihre Gedanken und Gefühle bewusst zu beobachten, ohne sich von ihnen mitreißen zu lassen. Wenn Sie lernen, Ihre Gedanken und Emotionen bewusst zu beobachten, können Sie vielleicht erkennen, warum Sie an etwas festhalten, das Sie belastet.

  • Nehmen Sie sich Zeit, um sich zu entspannen, und konzentrieren Sie sich auf Ihren Atem und wählen Sie ein Thema aus, um das es im Folgenden gehen soll.
  • Beobachten Sie nun Ihre Gedanken und Gefühle, die sich im Zusammenhang mit Ihrem Thema in Ihnen bemerkbar machen, ohne sie bewusst zu lenken, festzuhalten, zu bewerten oder zu beurteilen. Lassen Sie sie einfach kommen und vorüberziehen, indem Sie sich vorstellen, sie wären nur dazu da, um sie zu beobachten, und bräuchten nichts weiter tun, als ihnen zuzuschauen. Wenn Sie bemerken, dass Sie an an einem Gedanken oder an einem Gefühl festhalten, kehren Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit zurück zu Ihrem Atem und beobachten Sie Ihre Gedanken und Gefühle erneut. 
  • Nehmen Sie sich täglich etwas Zeit für diese Übung.

Schritt 3: Emotionale Verbindung

Oft halten wir an etwas fest, das uns nicht gut tut, weil wir noch zu sehr in jenen Gefühlen und Gedanken verhaftet sind, die uns damit verbinden. Hier sind einige Fragen, die Ihnen helfen können, Ihre emotionalen Reaktionen besser zu verstehen:

  • Warum halten Sie daran fest?
  • Welche Gedanken oder Überzeugungen halten Sie davon ab, es loszulassen?
  • Wie fühlen Sie sich, wenn Sie an das denken, was sie loslassen möchten?
  • Wie fühlt es sich an, sich davon zu verabschieden?
  • Was löst diese Gefühle aus?

Nehmen Sie sich Zeit, um diese Fragen zu beantworten und schreiben Sie Ihre Antworten auf. Versuchen Sie, ehrlich mit sich selbst zu sein, und erkennen Sie, welche Gedanken und Emotionen Ihnen im Weg stehen, um loszulassen.

Schritt 4: Entwickeln einer Strategie

  • Überlegen Sie, was Sie konkret dafür tun können, um loszulassen. Wie genau möchten Sie sich von Ihren negativen Gedanken, belastenden Gefühlen oder selbstschädigenden Verhaltensweisen befreien?
  • Setzen Sie Ihr Vorhaben in die Tat um. Seien Sie dabei geduldig. Manchmal benötigt es leider trotz aller Bemühungen eine gewisse Zeit, um sich vollkommen von etwas lösen zu können.

Es gibt übrigens einige spezielle Rituale, die dabei helfen können, sich von belastenden Erfahrungen zu lösen und damit verbundene Gedanken und Gefühle loszulassen:

  • Loslass-Ritual: Ein Loslass-Ritual kann dabei helfen, sich von vergangenen Beziehungen oder Erfahrungen zu trennen. Wählen Sie einen Gegenstand aus, der Sie an die Erfahrung oder an das Thema erinnert, wie beispielsweise ein Foto oder einen Brief. Sagen Sie nun laut und deutlich, dass Sie zum Loslassen bereit sind, und werfen Sie den Gegenstand weg.
  • Verbrennungsritual: Ein Verbrennungsritual kann helfen, sich von unangenehmen Erinnerungen und Emotionen zu befreien. Schreiben Sie auf ein Stück Papier, was Sie belastet und was Sie loslassen möchten. Dann verbrennen Sie das Papier und lassen Ihre damit verbundenen Gedanken und Gefühle ziehen.
  • Selbstfürsorge-Ritual: Ein Selbstfürsorge-Ritual kann helfen, die Beziehung zu sich selbst zu stärken und sich von negativen Gedanken zu lösen. Nehmen Sie sich Zeit für sich selbst, gönnen Sie sich etwas, das Ihnen Freude bereitet! Sprechen Sie sich liebevoll zu.
  • Naturritual: Auch ein Naturritual kann helfen, sich von belastenden Gedanken zu befreien. Gehen Sie spazieren, setzen Sie sich in die Natur und konzentrieren Sie sich auf die Schönheit, die sie umgibt. Das kann helfen, den Geist zu beruhigen und innere Ruhe zu finden.

Wem es gelingt, belastende Gedanken und Gefühle loszulassen und sich auf die positiven Aspekte zu konzentrieren, dessen Leben wird sich auf wohltuende Weise verändern!