Rezension: „Lösungsorientierte Beratung“ (6. Auflage) von Günter G. Bamberger

Inzwischen blicke ich schon auf mehr als 20 Berufsjahre zurück, in denen ich Menschen in den verschiedensten Kontexten psychologisch begleite. Dabei arbeite ich vorrangig auf Grundlage verhaltenstherapeutischer Modelle. Methoden, die aus anderen Therapieverfahren stammen, nutze ich deutlich seltener. Lösungsorientierte und ressourcenfokussierte Fragetechniken sind jedoch feste Bestandteile nahezu aller meiner Gespräche. Das Buch von Günter G. Bamberger habe ich mir deshalb nun zum dritten Mal besorgt, und zwar – nach den Auflagen 2 und 5 – jetzt die sechste. Dabei ging es mir vor allem darum, zu schauen, was genau der Autor darin verändert hat.

Bereits im Klappentext wird erwähnt, dass zu den ursprünglichen sechs Beratungsphasen nun eine siebte hinzugekommen ist, die er „Ressourcenaktivierung“ nennt. Dabei handelt es sich streng genommen jedoch um etwas, das während des gesamten Beratungsprozesses berücksichtigt werden sollte, d. h. nicht lediglich zu einem bestimmten Zeitpunkt. So habe ich bspw. die Erfahrung gemacht, dass es insbesondere bei Menschen, die stark belastet sind und die über Themen wie Verlusterfahrungen, schwere Erkrankungen etc. sprechen, Sinn macht, die Gespräche (wenigstens etwas) positiv ausklingen zu lassen, indem man die Aufmerksamkeit zum Abschluss noch einmal gezielt auf die individuellen Ressourcen bzw. Kraftquellen der Klienten/-innen richtet.

Interessant fand ich, dass der Autor die sogenannten „Nachdenkpausen“ in dieser Auflage mittels einer eigenen Überschrift deutlicher hervorgehoben hat. Wie er schreibt, ist ihm im Laufe der Zeit – aufgrund der Rückmeldungen seiner Klientinnen und Klienten – bewusst geworden, dass diese als außerordentlich hilfreich empfunden werden. Die betreffenden Erläuterungen finden sich allerdings auch schon in der vorherigen Ausgabe im Abschnitt „Lösungsverschreibung“.

Aufgefallen ist mir zudem, dass einige Passagen in der neuen Auflage verkürzt wurden, das Buch also nun ca. 70 Seiten weniger hat. Vermutlich wollte der Autor damit jenen Leserinnen und Lesern entgegenkommen, die es gern etwas komprimierter mögen, was m. E. aber eher schade ist.

Viel Neues habe ich in dieser Ausgabe nicht entdecken können. Das liegt aber daran, dass ich seit einigen Jahren immer mal wieder in das Buch (also in die fünfte Auflage) hineinschaue, um mich inspirieren zu lassen. Die Methodik und die dazugehörigen Fragetechniken sind mir seit längerer Zeit bestens vertraut. Dennoch war es gewiss keine Zeitverschwendung, mich damit zu befassen. Dieses Mal habe ich mir nämlich bei etlichen Interventionen folgende Fragen gestellt: Wende ich das an? Wann habe ich es zuletzt getan? Wie genau habe ich das gemacht? Was ist dann passiert? Was kann ich daraus lernen? Dabei ist mir nochmals bewusst(er) geworden, wie hilfreich es ist, so zu arbeiten, wie es in dem Buch vorgeschlagen wird.

Kurzum: Auch die sechste Auflage ist gelungen! Wer also etwas Zeit beim Lesen sparen möchte, sollte sich diese (anstelle der vorherigen) besorgen. Mir haben beide in etwa gleichermaßen gut gefallen.

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