Rezension: „Steh dir nicht im Weg“ von Renate Dehner & Ulrich Dehner

Wenn es darum geht, grundlegende Dinge in unserem Leben zu verändern, von denen wir bereits seit langer Zeit wissen, dass sie besser laufen könnten, kommen wir oft an unsere Grenzen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass es Themen gibt, die mich schon (fast) mein ganzes Leben lang begleiten, die – wie ich denke – mehr mit mir zu tun haben, als es mir lieb ist. Gibt es also Aspekte, mit denen wir uns immer wieder auf eine ähnliche Weise beschäftigen, da wir irgendwie nicht wirklich voran kommen, könnte es sein, dass wir uns selbst blockieren. Wie man mentale Blockaden auflöst, wird in diesen Buch erläutert. Da ich wissen wollte, ob das, was Renate und Ulrich Dehner in diesem Zusammenhang vorschlagen, auch bei mir funktioniert, habe ich es einmal ausprobiert. Dafür habe ich mir zwei Lebensbereiche ausgewählt, in denen ich mir schon sehr lange eine größere Veränderung wünsche.

Zunächst habe ich mir das Inhaltsverzeichnis genauer angeschaut: Vieles von dem, was dort auftauchte, war mir bereits hinreichend bekannt, wie bspw. der Zusammenhang von Gedanken und Gefühlen oder die Auswirkungen von gewissen (dysfunktionalen) Denkmustern. Interessanter für mich schien es dann in den darauffolgenden sechs „Check your Mind“-Kapiteln zu werden, in denen die Techniken vorgestellt werden, mit deren Hilfe es gelingen kann, sich das Leben leichter zu machen. Anschließend geht es um die Einschärfungen und Antreiber aus der Transaktionsanalyse, mit denen ich mich schon vor vielen Jahren ausgiebig befasst habe. Am Ende des Buches kombinieren Renate und Ulrich Dehner dann die Check-your-Mind-Methode mit dem Introvision-Coaching, wobei es vornehmlich um sogenannte „innere Alarme“ und „magische Sätze“ geht. Abschließend werden noch einige Übungen vorgestellt, die dabei helfen können, das Prinzip der Achtsamkeit zu verinnerlichen.

Zur Vorbereitung habe ich zu jedem der beiden Lebensbereiche, in denen ich mir eine Veränderung wünsche, jeweils einen Satz formuliert, der wie folgt beginnt: „Wie kann es mir gelingen, ….?“ Eine solche Vorgehensweise wird übrigens – wenn auch auf etwas andere Art – auf Seite 43 empfohlen. Dabei habe ich darauf geachtet, die Sätze zwar möglichst einfach zu halten, dabei aber die zentralen Fragestellungen in ihrem Kern zu erfassen. Daraufhin habe ich begonnen, das Buch zu lesen und währenddessen immer wieder geschaut, wie sich das, was darin erklärt wird, auf meine Themen anwenden lässt. Ich war sehr neugierig, ob es mir mit Hilfe dieser Methode tatsächlich gelingt, meine (vermeintlichen) Blockaden zu identifizieren und sie ggf. aufzulösen? In dem Abschnitt „Was unsere Denkmuster bewirken können“ wird einem ganz deutlich vor Augen geführt, dass das möglich ist! Erlernte Hilflosigkeit kann man nämlich auch wieder „verlernen“ bzw. lernen, in Eigeninitiative umzuwandeln. Um mir diesen Mechanismus zu verdeutlichen, habe ich meine beiden Sätze so umformuliert, dass die mit ihnen verbundenen Gefühle meiner momentanen Hoffnungslosigkeit deutlich wurden. Schön war das zwar nicht, aber – wie ich finde – notwendig.

Zunächst geht es also darum, sich die negativen bzw. destruktiven Gedanken, die einen ausbremsen, bewusst zu machen, sie auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen und ihnen dann eine realistische Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten entgegenzuhalten.

Wie es zu erwarten war, wurde in den ersten drei Kapiteln vieles von dem erläutert, was aus der Verhaltenstherapie im Zusammenhang mit den Methoden zur kognitiven Umstrukturierung bekannt ist. Mit diesen Ansätzen arbeite ich schon seit vielen Jahren und ich bringe anderen Menschen bei, sie im Rahmen therapeutischer Gespräche anzuwenden. Die Beispiele, die Renate und Ulrich Dehner ausgewählt haben, um die zugrunde liegenden Mechanismen zu verdeutlichen, gefielen mir allerdings so gut, dass sich die Lektüre dennoch für mich gelohnt hat. Dabei wurde mir klar, dass bei meinen beiden Themen von den drei Wirkfaktoren, die mit den blockierenden Denkmustern einhergehen, jeweils einer dysfunktional war: Bei dem einen war es die „Dauer“, bei dem anderen die „Personalisierung“. So war ich also irgendwie überzeugt davon, dass sich das, was ich in dem ersten Lebensbereich bisher erfahren hatte, auch in Zukunft bestätigen wird. Bei dem zweiten sah ich die Ursache in meiner Persönlichkeitsstruktur verankert, obwohl ich noch immer nicht genau wusste, wie genau ich mir dadurch eigentlich selbst im Weg stehe. Interessant war es für mich, mir die negativen Gedanken allesamt nochmals im Detail bewusst zu machen, die mir hinsichtlich dieser „Baustellen“ hier und da so durch den Kopf gehen. Normalerweise bin ich nämlich darum bemüht, sie schleunigst auszublenden, sobald sie sich (auch nur andeutungsweise) zeigen!

Obwohl es mich nicht überrascht hat, halte ich es doch für bemerkenswert, dass die fundamentalsten Überzeugungen wohl durch entsprechende „Einschärfungen“, die von meinen Bezugspersonen so gewiss nicht beabsichtigt waren, bereits in meiner Kindheit entstanden sind, wenn sie sich im Laufe meines Lebens auch weiterentwickelt, also eine „erwachsenere“ Gestalt angenommen haben. In ihrem Kern spiegeln sie aber für mich ganz grundlegende (oder identitätsstiftende) Facetten meines Seins wider. Damit habe ich mich schon damals irgendwie arrangiert und vermutlich alles dafür getan, diesbezüglich keine (weiteren) Enttäuschungen erleben zu müssen. Dafür habe ich bei einem Thema die Strategie der Vermeidung bzw. Abspaltung gewählt, bei dem anderen die der Überkompensation, jeweils untermauert mit verschiedenen Glaubenssätzen.

Im nächsten Schritt sollen nun für jeden der hemmenden Gedanken Gegenargumente formuliert werden, die glaubwürdig und konstruktiv sind. Das fiel mir nicht allzu schwer. Allerdings habe ich das in der Vergangenheit bereits immer wieder mal getan. Inwieweit das also wirklich dabei hilft, meine automatischen Gedanken dauerhaft zu verändern, kann ich nur schwerlich einschätzen. Da aber auch diese Problematik in den ersten Kapiteln thematisiert wird, konnte ich das zunächst einmal einfach so hinnehmen und trotzdem weitermachen. So, wie es jetzt (noch) ist, sollte es jedenfalls nicht bleiben! Die Übung, die anschließend vorgestellt wird, durch die diese Gegenargumente gefestigt werden und die automatischen Gedanken verblassen sollen, hat mir ausgesprochen gut gefallen. Das habe ich so im Dialog mit einer anderen Person bisher noch nicht ausprobiert, was ich vermutlich aber auch nicht tun werde. Die Generalprobe in Form eines Monologs hat allerdings bereits spürbar etwas bewirkt.

Es folgten Kapitel, in denen es um die Steigerung des Selbstvertrauens bzw. um das Katastrophisieren, die Formulierung konstruktiver Fragen sowie den Ressourcentransport ging. Diese Techniken waren mir bereits vertraut, da ich sie seit vielen Jahren in der Arbeit mit meinen Klienten anwende. Die Erläuterungen und Beispiele sind im Falle einer aktuellen Betroffenheit m. E. sehr hilfreich. Nach einem Ausflug in die Transaktionsanalyse (Einschärfungen und Antreiber) geht es um das Introvision-Coaching, durch das sich auch tieferliegende Reaktions- und Verhaltensmuster modifizieren lassen sollen, bei denen eine rein gedankliche Bearbeitung (wie z. B. mit der Check-your-Mind-Methode) eher wirkungslos ist. Hierauf weisen die sogenannten „inneren Alarme“ hin, deren Ursprünge in der Amygdala beheimatet sind.

Während ich das Buch las, habe ich mir immer wieder Gedanken über meine beiden Themen gemacht, bis ich irgendwann an jene tief sitzende Ängste herankam, die mit ihnen verbunden sind. Schließlich ist es mir gelungen, jeweils einen Satz zu formulieren, der diese auf den Punkt bringt. Obwohl ich bereits seit langer Zeit über die damit einhergehenden Entwicklungen in meinem Leben nachdenke, habe ich nun wohl das gefunden, was die Autoren den „Kern-Imperativ“ nennen. Inwieweit mir das hilft, mein Alarmsystem zu beruhigen, wird sich zeigen, sobald ich mit der Methode der Introvision, einer speziellen Art der Achtsamkeitsmeditation, daran gearbeitet habe.

Die Vorgehensweise, die in dem Buch vorgestellt wird, hat mich überzeugt. Aufgrund der gut durchdachten Beschreibungen der einzelnen Schritte, konnte ich immer tiefer in meine Themen eintauchen und alles, was vermutlich mit ihnen zusammenhängt, erfassen und bearbeiten. Das könnte ich nun auch in der Arbeit mit etwaigen Klienten/-innen tun. Das Prinzip ist einleuchtend und korrespondiert in vielerlei Hinsicht mit dem, was mir bereits aus anderen psychotherapeutischen Modellen bekannt war. Es kombiniert verschiedene Ideen so, dass es tatsächlich gelingen kann, in kürzester Zeit den Kern einer individuellen Problematik zu erkennen und somit eine grundlegende Veränderung zu initiieren.

  • Renate Dehner & Ulrich Dehner (2019). Steh dir nicht im Weg – Wie Sie mentale Blockaden überwinden und sich das Leben leichter machen (3. komplett überarbeitete und ergänzte Auflage). Campus Verlag.
  • Hier finden Sie das Buch auf der Seite des Verlags.

Hier finden Sie Psyche und Arbeit bei Facebook.