Rezension: „Praxishandbuch Gerontopsychiatrie und -psychotherapie“ von Stefan Klöppel & Frank Jessen

Gibt es psychische Störungen, die im hohen Alter vermehrt auftreten, häufiger unbemerkt bleiben oder sich anders zeigen als in jüngeren Jahren? Warum ist eine spezifische Gerontopsychiatrie überhaupt wichtig? Welche Konzepte und Versorgungsstrukturen gibt es eigentlich? Wann bzw. unter welchen Umständen macht eine Psychotherapie für Senioren/-innen noch Sinn? Was sind altersassoziierte Veränderungen der Pharmakodynamik und welche Bedeutung haben sie? Welche besonderen Risiken gehen mit der Verabreichung von gewissen Präparaten einher? Was wird in diesen Zusammenhängen von Medizinern empfohlen und warum?

Auf diese Fragen habe ich in diesem Buch von Prof. Dr. med. Klöppel und Prof. Dr. med. Jessen, in dem sie zahlreiche Kolleginnen und Kollegen zu Wort kommen lassen, fundierte Antworten gefunden, die – obwohl ich als Psychologe kein Medizinstudium absolviert habe – gut zu verstehen waren. Des Weiteren habe ich dank der Vielzahl der diskutierten Problembereiche (z. B. Mangelernährung oder Schlafstörungen) und Störungsbilder jetzt einen guten Überblick über das, was mir im Rahmen meiner Tätigkeit in der Geriatrie so alles begegnet bzw. begegnen kann.

Obwohl es nicht zu meinen Aufgaben gehört, Medikamente zu verschreiben oder darauf zu achten, inwieweit sie im speziellen Fall zu Nebenwirkungen oder Komplikationen führen, so habe ich es doch als hilfreich empfunden, hinsichtlich der wesentlichen Störungsbilder mal einen Einblick in die derzeitig gängigen pharmakologischen Behandlungsstrategien zu bekommen.

Zwar waren mir die meisten Themen aus der Perspektive der klinischen Psychologie bereits vertraut, dennoch habe ich auch hier noch etwas dazugelernt. So habe zum Beispiel erfahren, wie man Patienten/-innen behandeln sollte, die zwar über Symptome einer körperlichen Erkrankung klagen, aber eigentlich an einer somatoformen Störungen leiden. Wie kann es also gelingen, einer (verdeckten) psychischen Ursache auf die Spur zu kommen und den Betroffenen das dann auch so zu vermitteln, dass sie sich auf eine entsprechende Therapie einlassen?

Die Inhalte sind didaktisch wunderbar aufbereitet. Tabellen, Schaubilder, Infoboxen und Hervorhebungen der wichtigsten Worte (fett gedruckt) und Aussagen („Cave“ und „Merke“) machen es einem leicht, die wesentlichen Aussagen schnell zu erfassen. Wer sich mit einem der 24 Themen intensiver beschäftigen möchte, findet am Ende eines jeden Kapitels ein umfangreiches Literaturverzeichnis.

Fazit: Mir hat dieses Buch ausgesprochen gut gefallen! Da die 2. Auflage im Jahr 2021 erschienen ist, gehe ich davon aus, dass die Autoren/-innen sich in ihren Beiträgen am aktuellen Stand der Forschung orientiert haben.

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