Rezension: “Trainer-Kit Reloaded” von Anja Leão

Wer darüber nachdenkt, sich als Trainer betätigen zu wollen, oder am Beginn einer entsprechenden Laufbahn steht, findet in dem Buch „Trainer-Kit Reloaded“ eine gelungene Einführung in grundlegende Modelle, die sich in der Praxis seit vielen Jahren bewährt haben. Bekannte Ideen, wie zum Beispiel das GROW-Modell, die SMART-Ziele, das lösungsorientierte Kurzzeit-Coaching, die vier Schritte der Gewaltfreien Kommunikation, das Wertequadrat, das Reflecting Team, die Denkhut-Methode nach Edward de Bono, das Tetralemma oder die Walt-Disney-Strategie etc. werden in dem Buch nicht nur vorgestellt, sondern so aufbereitet, dass man nach einer kurzen Lesezeit umgehend damit arbeiten kann. Für jedes Modell werden zunächst die Ziele sowie der Kontext benannt, in dem es zur Anwendung kommen kann. Nach einer theoretischen Einleitung, die stets sehr präzise, auf das Wesentliche reduziert und trotzdem leicht verständlich ist, folgt eine detaillierte Darstellung einer möglichen Umsetzung im Rahmen eines Workshops. Die einzelnen Artikel wurden von Trainern unterschiedlichster Ausrichtung bzw. facettenreicher Ausbildungen verfasst. Sie bestechen durch Praxisnähe und es wird beim Lesen spürbar, dass hinter jeder Aussage umfangreiche Erfahrungen stehen. Zeitschätzungen, die Dauer der einzelnen Übungen betreffend, sowie Visualisierungen (vor allem für Flipcharts) sind (gerade für den Einstieg) ebenso hilfreich wie die technischen Hinweise zu benötigten Materialien, Raumanforderungen, Ausstattung etc. Des Weiteren finden sich an vielen Stellen nützliche Querverweise, die eine problemlose Kombination verschiedener Modelle ermöglichen. Kurze Hinweise über die Biographie der entsprechenden Urheber sowie zu weiterführender Literatur runden die einzelnen Kapitel ab. Zudem stehen auf der Webseite des Verlags wieder etliche Arbeitsblätter zum kostenlosen Download bereit.

Obwohl ich beim ersten Durchsehen des Inhaltsverzeichnisses nur wenig entdecken konnte, was ich nicht kannte, hat es mich interessiert, wie die Inhalte von den Autoren aufbereitet wurden. Besonders gut gefallen haben mir die Erläuterungen zum Thema „Change“, wobei ich das Phasenmodell als schöne Wiederholung empfand und mir das SCARF-Modell gänzlich neu und somit eine tatsächliche Entdeckung für mich war, die ich nun in mein Portfolio integrieren werde. Auch die Aufbereitung der Themen „Team“ und „Führung“ haben mir teilweise sehr zugesagt. Die Darstellung des Inneren Teams in seiner Anwendung mit dem Riemann-Thomann-Kreuz war mir zwar schon lange bekannt, allerdings hatte ich den Sinn (anhand der Originalliteratur) ehrlich gesagt nie so hundertprozentig verstanden, was mir dank dieser kurzen Beschreibung nun aber gelungen ist. Eine gute Idee, die ich künftig sicher im Kontext verhaltenstherapeutischer Verfahren anwenden werde, ist die der STOPs, die im Zusammenhang mit dem Inner Game zur Sprache kommen. In den Abschnitten „Coaching“, „Stressmanagement“ und „Kreativität“ konnte ich zwar nichts Nützliches für meine Arbeit finden, was aber wohl vor allem daran liegt, dass mir die einzelnen Themen seit langer Zeit entweder sehr vertraut oder sogar bereits Teil meines Unterrichts sind. Inhaltlich hatte ich daran jedenfalls nichts auszusetzen. Beim Thema „Konfliktklärung“ war ich jedoch etwas überrascht über die Auswahl der Modelle. Das Wertequadrat und die Methode der Gewaltfreien Kommunikation sind m. E. grundlegende Werkzeuge. Weniger verständlich hingegen fand ich die Auflistung der Grundannahmen des NLP?! Aber gut, wer davon noch nie etwas gehört hat, findet hier sicher eine schöne Einführung. Nur die Zweckmäßigkeit im Rahmen einer „Konfliktklärung“ hat sich mir nicht so recht erschlossen. Da kenne ich deutlich wirkungsvollere Möglichkeiten, um die Verschiedenartigkeit von Sichtweisen zu erhellen. Auch die Grundhaltungen nach Berne sowie die sogenannten „Systemischen Gesetzmäßigkeiten“ würde ich im Rahmen meiner Arbeit wahrscheinlich eher beiläufig erwähnen (und tue dies auch), anstatt sie in der hier vorgeschlagenen Ausführlichkeit zu behandeln. Aber auch das ist Geschmackssache und hängt wohl sehr von den Zielen eines Trainings ab. Dass auch Bert Hellinger und das U-Modell von Otto Scharmer Platz in dem Buch finden, löste bei mir Stirnrunzeln aus. Meine Irritation konnte aber durch die ausgesprochen saubere und teilweise kritische Darstellung weitestgehend aufgelöst werden.

Fazit: Empfehlen kann ich dieses Buch jedem, der einen Einstieg in die grundlegenden Modelle sowie eine Hilfe zur konzeptionellen Gestaltung von Trainings sucht. Die klaren Vorgaben zur Struktur sowie die präzisen und dennoch knappen Erklärungen haben mir sehr gut gefallen. Auch fortgeschrittene bzw. erfahrene Trainer finden sicher die ein oder andere sinnvolle Ergänzung für ihren Handwerkskoffer, zumindest aber eine gelungene Auffrischung ihres (vielleicht längst verstaubten) Wissens. Das Buch lässt sich schnell lesen und inspiriert zum Ausprobieren so mancher darin enthaltener Idee.

Anja Leão (2014). Trainer-Kit Reloaded. Die wichtigsten Theorien, Beratungsformate, Prozessdarstellungen – und ihre Anwendung im Seminar. managerSeminare Verlags GmbH.

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